RFID-Einsatz in der Baubranche

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde die Möglichkeit des Einsatzes von RFID als Auto-ID-Technologie in der Bauindustrie untersucht. Dabei wurde in Abhängigkeit von den verschiedenen Betriebsmitteln neben spezifischen Einsatzszenarien auch die jeweils geeignete Hardware untersucht.  Darüber hinaus galt es, insbesondere unter Berücksichtigung der rauen Umfeldbedingungen und der komplexen Prozesslandschaft, für die rauen Anforderungen der Bauindustrie geeignete RFID-Systeme zur schnellen, aufwandsarmen Identifikation und Verfolgung von Betriebsmitteln auf Baustellen und Bauhöfen  zu entwickeln.

Die Bauindustrie ist von einem harten Preiskampf und hohem Wettbewerbsdruck durch osteuropäische Billiganbieter geprägt. Darüber hinaus hat die Baubranche mit einer personal- und kostenintensiven Verwaltung und Abrechnung vielfältiger und bzgl. ihres Einsatzzweckes individueller Betriebsmittel wie Rüstungs- und Schalungsteile oder Werkzeuge zu kämpfen. Durch die eingeschränkte Qualität der Daten an Warenein- und
-ausgang entsteht ein hoher Kontroll- und Buchungsaufwand, der fehlerbehaftete, überdimensioniert Lagerbestände und somit hohe, jedoch vermeidbare, Kosten zur Folge hat. Auch treten hierdurch vermehrt Fehlmengen vor Ort auf der Baustelle auf, welche eine aufwändige nachträgliche Beschaffung der erforderlichen Betriebsmittel oder schlimmstenfalls Bauverzögerungen nach sich ziehen. Dadurch sind Baufirmen gezwungen, unnötig in neue, mitunter äußerst wertvolle Betriebsmittel zu investieren, um eine zeitnahe Versorgung vor Ort  zu gewährleisten. Auch werden Betriebsmittel aktuell in vielen Fällen, insbesondere im Bereich der Kleingeräte und -maschinen, lediglich einer Betriebsmittelgruppe zugeordnet und nicht einwandfrei identifiziert.

Um nachhaltig sowohl die Lieferqualität als auch die Kosten zu optimieren und Verzögerungen auf der Baustelle vorzubeugen, ist eine zeitnahe Dokumentation der Betriebsmittelnutzung in Form einer zentralen Datenbasis, welche für jedes Betriebsmittel Einsatzort und -zeit speichert, unerlässlich. Die Grundlage hierfür bildet jedoch der Einsatz verbesserter, an die vorherrschenden Randbedingungen angepasster Identifizierungssysteme, da die Verwaltung über Lieferscheindaten oder Barcode, wie sie aktuell vorzufinden ist, diesen Anforderungen nicht gewachsen ist.

RFID wird hauptsächlich in der Maschineneinsatzplanung und Betriebsmittelverwaltung automatisierter Fertigungsanlagen eingesetzt. Darüber hinaus findet die Technologie in der Logistik zur Identifikation von Behältern und Artikeln, deren Verfolgung entlang der Wertschöpfungskette,  sowie zur Prozessüberwachung und -steuerung Verwendung.

In der Baubranche sind RFID-Anwendungen bisher nur vereinzelt anzutreffen. In Werkzeugmaschinen wird RFID zur Diebstahsicherung oder in Kombination mit Personenzugangskontrollen zur automatisierten Ausleihe in Mietcontainern eingesetzt. Auch beim Bau der Freedom-Towers erlauben aktive Transponder in Verbindung mit einer Messsensorik eine Überwachung der Austrocknung und Aushärtung der Stahlbetonelemente. Für die Kennzeichnung von Schalungsteilen werden ebenfalls vereinzelt bereits RFID-Transponder eingesetzt. Darüber hinaus sind Anwendungen, insbesondere aus logistischer Sicht, bisher jedoch auf Pilotprojekte und Forschungsaktivitäten beschränkt. An konkreten industriellen Umsetzungen sowie grundlegenden Untersuchungen von Machbarkeit und Integration fehlt es weitgehend. 

Ziel des Forschungsprojekts war die aufwandsarme, zeitnahe Identifikation von Betriebsmitteln mit Hilfe eines RFID-Systems, um eine deutlich verbesserte Kontrolle der Teile zu ermöglichen. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen stellt die Auto-ID eine Möglichkeit dar, die verwaltungsintensiven Warenein- und -ausgangskontrollen hinsichtlich Kosten und Qualität zu optimieren, um sich dem Wettbewerbsdruck osteuropäischer Billiganbieter stellen zu können. Auch kann die Vollständigkeit der Ladung beim Transport zwischen verschiedenen Einsatzorten aufwandsarm und zeitnah überprüft werden, um Schwund oder Fehllieferungen aufzudecken. Des Weiteren lassen sich Buchungsvorgänge von Material auf Kostenstellen automatisieren und Einsatzzeiten von Betriebsmitteln besser dokumentieren. Dadurch ist  eine effizientere Planung und Auslastung der oft teuren und daher nur eingeschränkt verfügbaren Betriebsmittel möglich.

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde daher die Möglichkeit untersucht, verschiedene, einsatzindividuelle Betriebsmittel durch den Einsatz von RFID eindeutig zu identifizieren. Das Ziel des Projekts war zum einen das Aufzeigen der Integration von RFID in die verschiedenen Betriebsmittel in Abhängigkeit von deren Eigenschaften. Vor diesem Hintergrund galt es, die Betriebsmittel nach geeigneten Kriterien zu klassifizieren. In Form von Leitfäden wurden zum anderen Abhängigkeiten zwischen Transpondern, Einsatzszenarien und Betriebsmitteln aufgezeigt. Des Weiteren sollte  der Anwender Hilfestellungen beim Aufbau der Architektur eines RFID-Systems sowie der zu Grunde liegenden Daten- und Kommunikationsstruktur erhalten.

Ein Forschungsschwerpunkt befasste sich auch mit der Konzeption von für die Bauindustrie geeigneten Identifikationspunktkonzepten. Diese beinhaltete auch die Entwicklung eines mobilen, autarken Identifikationssystems, welches den schwierigen Umwelt- und Umgebungseinflüssen auf der Baustelle gewachsen ist. In Form von RFID sollte hierbei eine neue Technologie für die Baubranche erschlossen werden. Das System sollte über eine Kommunikationseinheit zur zentralen Datenübertragung Warenbewegungen automatisch erfassen und mit einer Datenbank abgleichen. Um die Systeme der Forschungspartner problemlos integrieren zu können, wurde eine modulare Systembauweise mit neutralen Schnittstellen verwendet.

Im Rahmen des ersten Arbeitspakets wurden zunächst Nutzenpotenzialen sowie konkrete Einsatzszenarien in Abhängigkeit von den einzelnen Betriebsmitteln in Absprache mit den Industriepartnern aufgezeigt. Entscheidend hierfür war die Zusammenfassung der verschiedenen Betriebsmittel zu Gruppen, die hinsichtlich ihrer Verwendung, Eigenschaften und Nutzenpotenziale homogen sind. Aus diesen Gruppen wurden exemplarische Betriebsmittel für die späteren Testreihen ausgesucht, deren Ergebnisse sich dann auf weitere Objekte in der Gruppe übertragen ließen. Darüber hinaus wurden die für die Bauindustrie spezifischen Anforderungen definiert und sofern möglich quantifiziert.

Der nächste Arbeitsschritt befasste sich mit der Definition der notwendigen Systemarchitektur. Auf der Grund der stark variierenden, individuellen Prozesse in der Bauindustrie mussten zunächst die möglichen Subsysteme sowie die maßgeblichen Prozessvariablen festgelegt werden. Vor diesem Hintergrund wurden die Aufgaben eines RFID-Systems erörtert. Des Weiteren befasste sich das Arbeitspaket mit möglichen  Identifikationspunkt-Konzepten, RFID-Frequenzen und deren Bewertung. Auch auf die Art der Datenhaltung und  Datenübertragung mussten in diesem Zusammenhang diskutiert werden.

Einen Projektschwerpunkt bildete das dritte Arbeitspaket, welches sich mit der Auswahl und Untersuchung von geeigneten Datenträgern befasste. Als erstes wurden auf Basis von Expertengesprächen und Standards die Transponder-Eigenschaften quantitativ erfasst und den zuvor festgelegten Anforderungen gegenübergestellt. Dadurch lässt sich für den Anwender die prinzipielle Machbarkeit seiner geplanten Anwendung bereits grob abschätzen. Mittels der vorab ausgewählten Betriebsmittel wurden anschließend Konzepte zur Anbringung und Integration der Transponder erarbeitet und in Form eines Leitfadens dokumentiert.

Der Fokus des Projekts lag in der Ausarbeitung baustellen- und bauhofgeeigneter Identifikationskonzepte. Nach der Analyse und Bewertung bereits bestehender Konzepte wurden zwei Konzepte ausgearbeitet und in Form eines Demonstrators umgesetzt. Das Konzept des mobilen Gates ermöglicht eine automatische Objekterfassung und stellt die Adaption bekannter Systeme auf die Anforderungen in der Bauindustrie dar. Im Mittelpunkt stehen neben der autarken Energieversorgung und dem mobilen Aufbau die Ortung und Fernübertragung der Daten, weshalb es insbesondere für den Einsatz auf der Baustelle konzipiert wurde. Über die steuerungstechnische Verknüpfung von Solarmodulen und Benzingenerator ist eine durchgehende Energieversorgung der einzelnen Verbraucher sichergestellt. Durch die Verknüpfung der einzelnen Betriebsmittel-Identifikationsnummern mit den Orts- und Zeitinformationen des GPS-Moduls kann außerdem bei jedem Durchgang des Gates der Materialfluss jedes Objekts transparent beschrieben werden. Dazu werden die Prozessdaten  in einer zentralen Datenbank vorgehalten. 

Das zweite Konzept befasste sich mit der RFID-unterstützten Ausgabe und Rücknahme von Maschinen und Geräten und ist als Indoor-Anwendung im Bereich von Lager und Magazin auf dem Bauhof gedacht.  Die Geräte wurden hierzu auf Basis der Ergebnisse der vorigen Arbeitspakete mit Transpondern ausgerüstet. Bei der Ausgabe und Rücknahme können dem Anwender somit gerätespezifische Informationen wie genaue Bezeichnung oder Zubehör aus einer Datenbank angezeigt werden. Die Buchung erfolgt durch die Bestätigung der Angaben in der Eingabemaske. Darüber hinaus können für jedes Gerät sowohl dessen Miet- als auch Reparatur- und Wartungshistorie dokumentiert werden. Neben dem Erkennen von Gerätemängeln oder Bedienfehlern dient diese Dokumentation auch der Qualitätssicherung und besseren Auslastung der Geräte. Beide Konzepte wurden in Absprache mit den beteiligten Industriepartnern erarbeitet und mussten in Feldversuchen validiert werden.

Den Abschluss des Forschungsprojekts bildete die Dokumentation der Forschungsergebnisse in Form eines Leitfadens. Dieser soll dem interessierten Anwender die Zuordnung von Nutzenpotenzialen und konkreten Einsatzszenarien sowie die Auswahl von RFID-Hardware und deren Integration in Abhängigkeit von den jeweiligen Betriebsmitteln erleichtern. Die umgesetzten Identifikationspunkt-Konzepte zeigen dabei eine exemplarische Anwendung von RFID in der Bauindustrie auf.

  • BAUER Maschinen GmbH
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  • Kompetenzzentrum Bau Neumarkt
  • Verband der Baumaschineningenieure und -meister e.V.

Das IGF-Vorhaben 15288 N/1 der Forschungsvereinigung Bundesvereinigung Logistik e.V. – BVL, Schlachte 31, 28195 Bremen wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf Grund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.