Simulationsgestützte Grobplanung von Kommissioniersystemen

Kommissioniersysteme sind ein wesentlicher Bestandteil in der Logistikkette und haben die Aufgabe gemäß einem Kundenauftrag Waren zusammenzustellen. Da diese Bereiche auf Grund Ihrer zunehmenden Komplexität und geforderten hohen Flexibilität sehr personalintensiv gestaltet werden, stellen Kommissioniersysteme einen wesentlichen Kostentreiber in der Logistik dar, den es zu optimieren gilt. Die Zunahme der Komplexität wird zum einen angetrieben durch das immer vielfältigere Sortiment und zum anderen durch die Atomisierung der Sendungsgrößen bedingt durch die weitere Verbreitung des e-Commerce. Diese Veränderungen führen dazu, dass verschiedene Arten von Kommissioniersystemen im Verbund eingesetzt werden müssen, um die Anforderungen, die sich aus der Artikel- und Auftragsstruktur ergeben, zu bewältigen. Es ergeben sich so genannte heterogene zumeist mehrstufige Kommissioniersysteme, deren mögliche Variantenvielfalt derzeit eine zuverlässige Planung bereits in der Grobplanungsphase nahezu unmöglich erscheinen lässt. Daraus ergeben sich die Fragestellungen, welche Varianten für eine gegebene Artikel- und Auftragsstruktur die beste Leistung erzielen, welche mit den geringen Kosten pro Pick verbunden sind und welche auch in der Zukunft auf Veränderungen der genannten Strukturen bestmöglich reagieren können.

Das Forschungsziel ist die Schaffung einer simulationsgestützten Planungsumgebung zur Dimensionierung und Bewertung von heterogenen mehrstufigen Kommissioniersystemen in der Grobplanungsphase. Dabei soll eine Auswahl sowohl der einzusetzenden Techniken wie auch der Organisationsform der Kommissionierung erfolgen, die als Grundlage nicht nur die momentane Ist-Situation der Planung betrachtet, sondern auch potentielle Veränderungen in Auftragsstruktur- und Sortimentsdaten in die Lösungsfindung mit einbezieht und bewertet. Darüber hinaus sollen insbesondere über leistungshemmende Wechselwirkungen, die sich aus Veränderungen in der Zusammensetzung der Kommissioniersysteme ergeben, Aussagen getroffen werden.

Zu Beginn des Projekts wurden die gängigsten Kommissioniersysteme über die Auswertung bisheriger Projekte und per Literaturrecherche ausgewählt und entsprechend ihrer Prozessabläufe unterteilt. Daraus wurden insgesamt sechs Bausteine abgeleitet, welche unterschiedliche Verwirklichungsformen darstellen können. Diese sollen in einer Simulationsumgebung umgesetzt werden. Mann-Zur-Ware-Kommissionierung in statisch bereitgestellten Bereitstelleinheiten mit und ohne Fortbewegungshilfe, Zone-Picking mit Fördertechnik, Automatisches Kleinteilelager mit Bedienstation, inverses Kommissionieren in einer ersten Kommissionierstufe und Kommissionierplätze der zweiten Stufe, bei denen eine artikelorientierte Vorkommissionierung einer ersten Kommissionierstufe wieder auf entsprechende Auftragsbehälter sortiert wird.
In einem weiteren Schritt wurde ein Anforderungsprofil für die simulationsgestützte Planungsumgebung erarbeitet, das als Pflichtenheft für die softwaretechnische Umsetzung ausformuliert wurde. Dabei werden die Verarbeitung der Inputdaten für die Simulation, die so genannte Systemlast, die Vorgänge während der Simulation sowie die daran anschließende Auswertung genau definiert. Die Verarbeitung der Inputdaten umfasst die Erfassung von realen Lieferaufträgen und Artikeln sowie prognostizierte Veränderungen dieser innerhalb eines Planungshorizonts. Aus diesen Daten werden über Hochrechnungen und statistische Verteilungen Lieferaufträge und Artikelspektren für jedes Jahr eines Planungshorizonts generiert. Im nächsten Schritt wird eine Modellierungsumgebung zur Verfügung gestellt, in der der Planer die Kommissioniersystemvarianten entwerfen kann, die er untersuchen möchte. Dabei soll der Planer die Möglichkeit haben wichtige Parameter wie z.B. Dimensionen des Kommissionierlagers, Reichweiten und Anzahl der Kommissionierarbeitsplätze einzustellen sowie Artikel nach Eigenschaften wie z.B. der Zugriffshäufigkeit, Gewicht, Volumen oder auch nach Produktgruppen auf verschiedene Kommissioniersysteme aufzuteilen. Die gewählten Einstellungen werden dann verwendet, um die Lagerspiegel zu erzeugen und die Lieferaufträge in Kommissionieraufträge für jedes Jahr und Prognose umzuwandeln. Über die Simulation soll das Kommissioniersystem zunächst so parametrisiert werden, dass es die Anforderungen hinsichtlich der Leistung erbringt um dann im Anschluss Kommissionierzeiten für sämtliche Kommissionieraufträge zu ermitteln. Aus den ermittelten Zeiten sollen in der Auswertungsphase Kennzahlen wie Termintreue und Durchlaufzeiten gebildet werden. Die Ergebnisse sollen mittels einer Nutzwertanalyse vergleichbar gemacht werden sowie über die Kapitalwertmethode einen Kostenvergleich über den gesamten Planungshorizont ermöglichen. Dabei wird dann u.a. auch die wichtige Kennzahl Kosten pro Pick ermittelt.

Im Anschluss an die exemplarische Umsetzung der Planungsumgebung wird diese über Referenzszenarien aus der Industrie validiert sowie entsprechend der Anforderungen Ergebnisse ermittelt.

Die simulationsgestützte Planungsumgebung soll dem Planer bereits in der Grobplanungsphase Kennzahlen über die in Frage kommenden Kommissioniersystemvarianten liefern und einen Vergleich hinsichtlich der Leistung und Kosten zulassen. Somit können in der Grobplanungsphase wesentlich mehr Varianten untersucht und auch hinsichtlich der Auswirkungen bei Veränderungen der Auftrags- und Artikelstruktur innerhalb des gewählten Planungshorizonts bewertet werden.

in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik, Dortmund

 

Das IGF-Vorhaben 14601 N/1 der Forschungsvereinigung Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.