P3: Umformtechnische Erzeugung von Druckeigenspannungen beim Drahtziehen für die Herstellung von hochbelastbaren Federn (DruDraZie)

Wesentliche Aspekte zur Optimierung von Bauteilen sind die Verbesserung nutzungsrelevanter Parameter sowie die steigenden Anforderungen bezüglich des zur Verfügung stehenden Bauraums und der Größe der Bauteile. Dies bedeutet bei der Herstellung von Torsionsstabfedern die Realisierung kleiner Biegeradien, welche mit konventionell hergestellten Federdrähten derzeit nicht versagensfrei gebogen werden können.  Durch eine Reduzierung der Zugeigenspannungen oder lokaler Einbringung von Druckeigenspannungen im Randbereich des Drahtes kann die Umformbarkeit und die statische sowie dynamische Festigkeit der gefertigten Bauteile gesteigert werden. Zielstellungen des Verbundprojekts waren es, durch die Modifikation des Drahtziehprozesses mittels einer innovativen Werkzeuggeometrie, die Spannungsverläufe über dem Drahtquerschnitt durch den Ziehprozess gezielt zu beeinflussen. Somit werden Eigenspannungszustände reproduzierbar zu erzeugt, welche sich positiv auf die Herstellung und den Einsatz von Torsionsstabfedern auswirken.

Ergebnisse der 1. und 2. Projektphase

In der ersten Projektphase erfolgte zunächst eine umfassende Analyse des Drahtwerkstoffs 1.4301. Um die Geometrieelemente für die Ziehmatrizen auszulegen, wurden FE-Simulationsmodelle aufgebaut und die Einflüsse der Geometrieelemente auf den resultierenden Eigenspannungszustand analysiert. Darauf aufbauend konnte neben der Auswahl geeigneter Geometrieelemente für die Ziehmatrizen eine Drahtziehvorrichtung entwickelt und experimentelle Versuche durchgeführt werden.

Um die Weiterverarbeitung zu Torsionsstabfedern und den Einfluss der angepassten Eigenspannungszustände der Drähte im Biegeprozess zu untersuchen, wurde ein modulares Drahtbiegewerkzeug entwickelt, mit dem Abkant- und 3-Punkt-Biegeoperationen unter Verwendung verschiedener Biegeradien untersucht werden konnten. Es konnte numerisch und experimentell nachgewiesen werden, dass mittels der Geometrieelemente in den Matrizen die Eigenspannungen über den Drahtquerschnitt gezielt beeinflusst werden kann. Die phasenspezifischen Eigenspannungen wurden röntgenographisch, tiefenaufgelöst bestimmt und qualitativ nachgewiesen. Unter Zuhilfenahme metallographischer Untersuchungen und Texturanalysen konnten die Auswirkung auf die oberflächennahe verformungsinduzierte Martensitbildung analysiert werden. Beim Drahtziehen wurden die im Referenzprozess vorliegenden Zugeigenspannungen mit den entwickelten Ziehmatrizen gezielt reduziert. Die Stabilität der Eigenspannungen wurde im Dauerschwingversuch nachgewiesen. Anhand der erarbeiteten experimentellen Ergebnisse erfolgte die Validierung der FE-Simulationen und die Beurteilung der Auswirkung der veränderten Eigenspannungsverteilung auf den Biegeprozess.

In der zweiten Projektphase wurde die Ziehgeschwindigkeit auf ein industrierelevantes Niveau erhöht, die gezielte Einstellung von Eigenspannungen beim Ziehvorgang optimiert sowie die Relevanz von Störgrößen untersucht. Die resultierende Beeinflussung der oberflächennahen Eigenspannungszustände wurde mit der röntgenographischen Eigenspannungsanalyse (sin2ψ– Methode) phasenspezifisch nachgewiesen und für die Validierung der FE‑Simulationen zur Verfügung gestellt. Weiterhin konnten die Makroeigenspannungen mittels Bohrlochmethode analysiert werden. Die Drähte wurden unter Verwendung spezifischer Ziehmatrizen bei verschiedenen Temperaturen und Ziehgeschwindigkeiten gezogen.

Zudem erfolgte die Entwicklung eines geeigneten Demonstrators, der charakteristische Bauteilbereiche einer Torsionsstabfeder aufweist und mit verschiedenen Biegeradien im Drahtbiegewerkzeug gefertigt wurde. Die Begutachtung der Drähte erfolgte hinsichtlich des Versagens und Beeinflussung der Rückfederung und belegen eine mögliche Eigenschaftsverbesserung der Bauteile.

Es folgte die Weiterentwicklung der FE-Simulationen, um eine Vorhersagbarkeit der Eigenschaftsverbesserung im Auslegungsprozess zu generieren. Für die Validierung der FE-Modelle wurden neben den gemessenen Eigenspannungen ebenso die Kraft- und Wegverläufe der Zieh- und Biegeprozesse als auch die gemessenen Werkzeuggeometrien der eingesetzten Ziehmatrizen und Biegewerkzeuge berücksichtigt. Durch weiterführende dynamische Belastungen in Form von Schwingversuchen wurde die Stabilität der Eigenspannungen quantifiziert und bestätigt. Die Interaktion zwischen den durch die Geometrieelemente in den Draht eingebrachten Eigenspannungen und der Biegeumformung zur Torsionsstabfeder konnte im Projekt untersucht und im Hinblick auf die Eigenschaftsausbildung nachgewiesen werden.

In anschließenden Forschungsprojekten ist es nun das Ziel, die im Labormaßstab erarbeiteten Erkenntnisse in einen industriellen Fertigungsprozess zu übertragen. Weiterhin sollen die FE-Simulationsmodelle optimiert werden, um entsprechende Vorhersagen im Hinblick auf die optimale Ziehsteingeometrie in Abhängigkeit des Anwendungsfalls der Torsionsstabfeder zu validieren und damit den experimentellen Analyseaufwand zu minimieren. In diesem Zusammenhang gilt es die Mess- und Auswertestrategien weiter anzupassen und für den Einsatz in serienbegleitenden Industrieprozessen zu gestalten.

Danksagung

Die Antragssteller sowie die Bearbeiter des Projektes „P3 Umformtechnische Erzeugung von Druckeigenspannungen beim Drahtziehen für die Herstellung von hochbelastbaren Federn (DruDraZie)“ bedanken sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die finanzielle Unterstützung der Forschungsarbeit im Rahmen des Schwerpunktprogramms „SPP2013“ unter den Fördernummern SPP 2013 BE5983/2-1/2; LA3752/4-1; KR4682/5-2; RE688/75-1/2. Unser Dank geht weiterhin an die sehr gute Zusammenarbeit mit der SPP2013 Koordination um Prof. Volk und seinen Mitarbeitern sowie den Kollegen der beteiligten Projekte in den jeweiligen Fachkreisen.

Das Projekt wurde im Herbst 2021 beendet. Die Ergebnisse werden im gemeinschaftlichen Abschlussbericht 2023 veröffentlicht.

Ansprechpartner

IWU - Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik

Projektleitung P3.A
Dr.-Ing. Markus Bergmann

Projektbearbeiter
René Selbmann

UFF - Professur Umformendes Formgeben und Fügen der TU Chemnitz

Projektleitung P3.B
Prof. Dr.-Ing. habil. Verena Kräusel

Projektbearbeiter
Markus Baumann

Fachgebiet Metallische Werkstoffe der TU Berlin

Projektleitung P3.C
Prof. Dr. Walter Reimers