Forschungsberichte

Optimierung des Materialkostenmanagements im Presswerksbereich durch Mehrfachplatinenfertigung

Michael Eckl

175 Seiten 125 Abbildungen Hieronymus Buchreproduktions GmbH, München, 1997 ISBN 3-89791-264-3

Bei der Bewertung eines Fahrzeugprojektes wird primär der angestrebte Materialnutzungsgrad und nicht die anfallenden Materialkosten ausgewiesen. Der Hintergrund für diese Vorgehensweise basiert auf der Annahme, dass der Einkaufspreis für ein Coil keinerlei dimensionsabhängigen monetären Einflussparametern unterliegt.

Die Stahlindustrie berechnet jedoch die Preise für die Coils nach einem ausgeklügelten Aufpreissystem. Neben einem einheitlichen Grundpreis werden dann in Abhängigkeit der Materialgüte, der Coilbreite zur Materialdicke, der Beschichtungsart, der Beschichtungsdicke zur Materialdicke differierende Zuschläge addiert. Den wesentlichen Einfluß auf den Materialpreis eines Coils stellt der Zusammenhang zwischen Coilbreite und Materialdicke dar.

Die Betrachtung des gegenwärtigen Coilbreitenspektrums eines Fahrzeugprojekts zeigt die überwiegende Verwendung von schmalen und teuren Coilbreiten. Diese Entwicklung basiert auf der anlagentechnischen Ausrichtung im Bereich der Platinenschneidanlagen, die zum großen Teil nur auf die Fertigung einer Platine je Pressenhub ausgelegt sind. Dadurch bestimmt die für die Dimension des Karosseriebauteils benötigte Platinenbreite die Coilbreite.

Eine Realisierung der enormen Einsparpotentiale kann nur durch die Entwicklung und den Einsatz eines kostenorientierten Materialmanagements im Produktentstehungsprozess kombiniert mit einer prozesssicheren Mehrfachplatinenfertigung erfolgen. D.h. das sämtliche Platinen, deren Konturen mit geeigneten Simulationsroutinen erzeugt werden, einer Fahrzeugkarosse so zueinander verschachtelt werden müssen, dass nach Kostengesichtspunkten die günstigste Coilbreite ausgewählt wird. Für die Erreichung dieser Zielsetzung wird im Rahmen dieser Arbeit die prozessablauforganisatorischen und -inhaltlichen Vorraussetzungen im Werkzeugentstehungsprozess sowie die technischen Randbedingungen in der Platinenfertigung für ein kostenorientiertes Materialmanagement entwickelt. Im speziellen bedeutet dies für diese Arbeit folgende Aufgabenstellungen:

  • Neuausrichtung des Produktentstehungsprozesses (Frontloading im Materialmanagementprozess): Entwicklung und Integration der erforderlichen Prozessaktivitäten für ein effizientes Materialkostenmanagement in Abhängigkeit des zeitlichen und technischen Produktfortschrittes. D.h. wann sollen welche Prozesse mit welchen methodischen und technischen Prämissen im Produktentstehungsprozess stattfinden.
  • Ermittlung einer Platinenminimalkontur: Entwicklung einer durchgängigen Methodik für die Ermittlung der Platinenminimalkontur auf der Basis der 3D-Methodenkonstruktion und deren Prozessabsicherung mittels geeigneter Simulationsverfahren in der frühen Phase des Produktentstehungsprozesses.
  • Kostenorientierte Verschachtelung von Platinenminimalkonturen: Konzeptionelle Entwicklung einer Verschachtelungsstrategie für Platinenkonturen, die unter Berücksichtigung der technischen Randbedingungen und der Zusammensetzung der Materialpreise das komplette Platinenspektrum einer Rohkarosse nach monetären Gesichtspunkten verschachtelt. Das geringe zeitliche "Prozessfenster" in der Produktentstehung erfordert zudem die Entwicklung und Adaption effizienter Optimierungsalgorithmen für die Verschachtelungssoftware.
  • Entwicklung investminimaler und flexibler Platinenschneidwerkzeuge: Die Implementierung der Coil-Cut-Technologie in sämtliche Fahrzeugprojekte sowie der geringe Herstellungszeitraum für Platinenschnitte innerhalb des Produktentstehungsprozesses erfordern die Konzeption einer Platinenschneidwerkzeugtechnologie, die eine Erhöhung der Teileausbringung je Pressenhub bei gleichzeitiger Reduzierung der Investkosten, der Anfertigungsdauer sowie des Änderungsaufwandes ermöglicht.
  • Entwicklung geeigneter Abstapelungseinrichtungen für die Mehrfachplatinenfertigung: Die Erhöhung der Platinenausbringung je Pressenhub erfordert die Entwicklung einer konturflexiblen Abstapelungstechnik an den Platinenschneidanlagen, die mehrere Platinen ohne Unterbrechung des Fertigungsprozesses bei Stapelwechsel wiederholgenau auf Paletten ablegt.

Die oben aufgezeigten Aufgabenstellungen wurden in das BMW-interne Forschungsvorhaben "Coil-Cut" zusammengefasst.