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Willy Messerschmitt Preis 2019

Der Willy Messerschmitt Preis 2019 geht an Dr.-Ing. Tobias Hummel vom Lehrstuhl für Thermodynamik

Wir freuen uns ganz besonders, dass der mit 5000 Euro dotierte Willy Messerschmitt Preis für die beste Dissertation mit Bezug zur Luft- und Raumfahrt auch 2019 an einen ehemaligen Doktoranden des Lehrstuhls für Thermodynamik geht, obwohl sich der Lehrstuhl primär in den thermofluiddynamischen Grundlagen positioniert sieht. Die Mitarbeiter des Lehrstuhls für Thermodynamik gratulieren Tobias Hummel zu diesem großartigen Erfolg.

Tobias Hummel beschäftigt sich in seiner Dissertation mit hochfrequenten thermoakustischen Schwingungen in mageren, vorgemischten Verbrennungssystemen, ein wichtiges Thema bei der Entwicklung zukünftiger Gasturbinen. Die anhaltende schnelle Effizienzsteigerung der Kombikraftwerke von 60% im Jahr 2010 auf 65% im nächsten Jahrzehnt und 67% in absehbarer Zeit wird zu einem steilen Anstieg der Verbrennungstemperaturen führen, der neue Verbrennungstechnologien mit perfekter Vormischung und Reduzierung der für die Stickoxidbildung wichtigen Verweilzeit auf das kinetisch kontrollierte Minimum erfordert. Damit steht ein Technologiesprung in der Verbrennungstechnik von Gasturbinen für gasförmige Brennstoffe bevor, der von den seit der Erfindung der stationären Gasturbine verwendeten großen Drallbrennern wegführt. Derzeit konkurrieren zwei Strategien miteinander: Die erste versucht, die klassischen großen Drallbrenner durch eine große Anzahl kleinerer, gruppenweise angeordneter turbulenter Strahlbrenner zu ersetzen, während die zweite Strategie auf dem noch radikaleren Übergang von der deflagrativen zur teilweisen Selbstzündungsflammenstabilisierung mit axialer Brennstoff- und Luftstufung basiert.

Bisher liegen überraschend wenig Informationen über die Flammenstabilität und -dynamik in Gasturbinenbrennern im Hochfrequenzbereich vor. Dies gilt für Brennkammern mit klassischen Strahlbrennern und mehr noch für die neuartigen Brennkammern der Zukunft. Solche Instabilitäten sind viel weniger erforscht als nieder- und mittelfrequente Instabilitäten, da ihr Auftreten eng mit modernen und zukünftigen Hochtemperatur-Verbrennungssystemen verbunden ist. Insbesondere fehlte es zu Beginn der Arbeiten von Tobias Hummel fast vollständig an Methoden zur quantitativen Berechnung hochfrequenter Instabilitäten in Gasturbinenbrennkammern. Diese Situation war äußerst misslich für die Gasturbinenindustrie, da die verfügbaren thermoakustischen Entwicklungswerkzeuge für nieder- und mittelfrequente Instabilitäten nicht im Hochfrequenzbereich eingesetzt werden können. Dieser ist durch die gleiche Größenordnung der Längenskalen von Verbrennung und Akustik gekennzeichnet. Lokale Wechselwirkungen zwischen der Flamme und dem akustischen Feld müssen daher berücksichtigt werden, was das Problem deutlich komplexer werden lässt.

Diese Lücke zu schließen, war das Ziel der theoretisch-numerischen Forschung von Tobias Hummel. Der zentrale Forschungsschwerpunkt seiner Arbeit ist die Untersuchung hochfrequenter thermoakustischer Schwingungen in drallstabilisierten Gasturbinenbrennern aus modellhafter und analytischer Sicht. Tobias Hummel sollte ein umfassendes Modellierungs- und Analysewerkzeug für thermoakustische Schwingungen in Gasturbinenbrennkammern als Erweiterung der in der Industrie verfügbaren Werkzeuge für das akustisch nicht kompakte Regime bereitstellen. Dies erfordert eine zeiteffiziente Berechnung für Systemanalysen, um (1) den Einsatz innerhalb iterativer Auslegungsprozesse im Brennkammerbau zu ermöglichen, (2) die Anwendbarkeit auf dreidimensionale Geometrien mit komplizierten turbulenten Strömungsfeldern sicherzustellen, wie sie für industrielle Gasturbinenbrennkammern repräsentativ sind und schließlich (3) die universelle Einsetzbarkeit für alle Grundtypen von Gasturbinenbrennkammern zu erreichen.

Im ersten Schritt lag der Fokus auf linearen thermoakustischen Phänomenen, die im Frequenzbereich modelliert und analysiert werden können. Dann wurden nichtlineare Phänomene betrachtet, die eine Berechnungsumgebung für die Modellierung und Analyse im Zeitbereich erfordern. Das dritte Forschungsziel von Tobias Hummels Dissertation war schließlich die Generierung neuer theoretischer Erkenntnisse über hochfrequente thermoakustische Schwingungen in Gasturbinenbrennkammern durch die Anwendung der entwickelten Werkzeuge auf technisch relevante Probleme.

Die Liste der Preisträger aus dem Lehrstuhl für Thermodynamik seit 2008 ist wie folgt:

2008 Dr.-Ing. Jutta Pieringer

2013 Dr.-Ing. Jannis Gikadi

2016 Dr.-Ing. Thomas Fiala

2018 Dr.-Ing. Vera Hoferichter

2019 Dr.-Ing. Tobias Hummel