VerStaRad - Verschleißverhalten von Stahllaufrädern an Regalbediengeräten

Regalbediengeräte (RBG) sind ein fester Bestandteil moderner Intralogistikkonzepte. Sie ermöglichen die automatische Ein- und Auslagerung unterschiedlicher Güter sowohl in automatischen Palettenlagern als auch in automatischen Kleinteilelagern.

Ein Regalbediengerät besteht aus den Hauptbaugruppen Tragwerk, Hubwerk, Lastaufnahmemittel und Fahrantrieb. Dem Rad-Schiene-System kommt dabei einer besonderen Bedeutung zu, da ein Schaden an diesem Teilsystem häufig und sehr schnell zu einem Ausfall des Gesamtsystems und damit zum Stillstand des RBG führt. Bedingt durch den hohen Automatisierungsgrad und die hohen Umschlagsleistungen in der Logistik ist die Belastung des Rad-Schiene-Systems insbesondere von Paletten-RBG sehr groß. Dabei treten hohe dynamische Kräfte und somit auch hoher Verschleiß am Rad-Schiene-System auf.

Die Auslegung von Rad-Schiene-Systemen erfolgte bisher mithilfe der Normen DIN 15070 oder der FEM-Richtlinie FEM 1.001. Diese Regelwerke enthalten die Berechnungsgrundlagen für Kranlaufräder und sind ursprünglich nicht für die Anforderungen an Stahllaufräder von Paletten-RBG vorgesehen. In der Praxis treten jedoch trotz normgerechter Bemessung aus unterschiedlichen Gründen vermehrt Schäden am Rad-Schiene-System von Paletten-RBG auf. Dies lässt sich unter anderem auf diverse methodische Schwächen der DIN 15070 zurückführen, die nicht alle auftretenden Einflüsse korrekt berücksichtigt. Eine praxistaugliche und gleichzeitig zuverlässige Auslegungsmethode im Hinblick auf das Rad-Schiene-System von Paletten-RBG fehlt. Mit der Norm DIN EN 13001-3-3 steht inzwischen ein neuer Berechnungsansatz in Form einer Norm zur Verfügung. Dieser ist allerdings weiterhin vorwiegend für die Auslegung des Laufrad-Schiene-Systems von Kranen konzipiert, eine große Anzahl der Schwächen aus DIN 15070 ist jedoch behoben. Im Rahmen des in den Jahren 2018 bis 2021 am Lehrstuhl fml bearbeiteten Forschungsprojekts Methodik zur praxisgerechten Auslegung des Rad-Schiene-Systems von Regalbediengeräten (MARS) wurde durch die Erstellung von Vorhersagemodellen des in DIN EN 13001-3-3 zu berechnenden Lastkollektivs und der Gesamtzahl der Überrollungen eine praxistaugliche Anwendung der DIN EN 13001- 3-3 für RBG ermöglicht. Bei der Anwendung der DIN EN 13001-3-3 ist jedoch zu beachten, dass diese den Nachweis der statischen Festigkeit und der Ermüdungsfestigkeit zum Ziel hat. Eine Quantifizierung über den während der Lebensdauer auftretenden Gleitverschleiß ist nicht möglich.

Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Erweiterung des im Vorgängerprojekts entwickelten Auslegungsverfahrens, sodass die Berücksichtigung des zu erwartenden Verschleißverhaltens des Rad-Schiene-Kontakts während der Lebensdauer möglich wird. Dabei soll das Verschleißverhalten des Rad-Schiene-Systems von Paletten-RBG numerisch untersucht werden, um eine wissenschaftlich fundierte Bemessungsvorschrift für die Verschleißrate zu schaffen. Mit der zu entwickelnden Methode wird die Auslegungsberechnung zukünftig um einen Nachweis der Verschleißfestigkeit ergänzt und somit die Sicherheit bei der Dimensionierung des Rad-Schiene-Systems von RBG weiter gesteigert.

Bedingt durch das breite Einsatzspektrum von RBG ist eine Vielzahl von Parametern und Einflüssen zu berücksichtigen. Durch einen methodischen Ansatz wird sichergestellt, dass einerseits jeder Auslegungsparameter auf seine Relevanz überprüft wird und andererseits die unterschiedlich großen Einflüsse der Parameter erarbeitet und in Form von Vorhersagemodellen in der Auslegungsmethode berücksichtigt werden können. Im Anschluss an die Erstellung dieser Vorhersagemodelle wird der im Projekt MARS erstellte Softwaredemonstrator erweitert. Damit werden die Praxistauglichkeit und Anwendbarkeit des erweiterten Verfahrens sichergestellt. Eine wissenschaftliche Behandlung der Thematik bildet zudem die Grundlage dafür, die gewonnenen Erkenntnisse im Anschluss an das Forschungsvorhaben in entsprechenden Richtlinien (z. B. VDI-Richtlinie, FEM-Richtlinie) zu überführen und damit einer breiten Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Im ersten Arbeitspaket werden alle relevanten Einflussgrößen von RBG und Lagerregalen ermittelt, welche einen potenziellen Einfluss auf das Verschleißverhalten haben. Im nächsten Schritt wird eine geeignete Zielgröße definiert, um den Verschleißzustand und das Verschleißverhalten des Rad-Schiene-Systems von RBG zu bewerten. Um den Einfluss der in AP 1 bestimmten Parameter auf das Verschleißverhalten zu identifizieren, wird in AP 2 ein geeignetes Mehrkörpersimulationsmodell (MKS-Modell) erstellt. Zur Automatisierung des Simulationsablaufs wird dieses mithilfe einer Co-Simulation in Verbindung mit MATLAB/- Simulink gesteuert. Das in AP 2 erstellte MKS-Modell wird in AP 3 verwendet, um eine Datenbasis für die Entwicklung von Vorhersagemodellen zu erstellen. Hierzu müssen sinnvolle Variationsintervalle für die in AP 1 identifizierten Eingangsgrößen festgelegt werden. Im Anschluss daran werden mithilfe statistischer Methoden Versuchspläne erstellt, um mit einer möglichst geringen Anzahl von Simulationsläufen eine möglichst große Informationsdichte hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen den Eingangs- und der Zielgrößen zu erreichen. In AP 4 werden, basierend auf den in AP 3 erstellten Datensätzen, mithilfe von Methoden des maschinellen Lernens Modelle zur Vorhersage der in AP 1 definierten Zielgröße entwickelt. Hierzu müssen zunächst geeignete Arten von Vorhersagemodellen ausgewählt werden. Mithilfe dieser Vorhersagensmodellen wird in AP 5 ein Verschleißfestigkeitsnachweis analog zu den Nachweisen der statischen Festigkeit und der Ermüdungsfestigkeit aus DIN EN 13001-3-3 erstellt. Der so erstellte Verschleißfestigkeitsnachweis wird in den im Projekt MARS entwickelten Softwaredemonstrator eingebunden. Dieser wird somit um eine weitere Schadensart, den Verschleiß, ergänzt. Zum Schluss wird Die entwickelte Auslegungsmethode wird in Zusammenarbeit mit den Firmen aus dem projektbegleitenden Ausschuss evaluiert. Dabei wird die Methode mithilfe von Daten aus realen Verschleißfällen von Stahllaufrädern rückwirkend geprüft.

·    Abele Ingenieure GmbH

·    LTW Intralogistics GmbH

·    MIAS Maschinenbau, Industrieanlagen & Service GmbH

·    Rothbaum Consulting Engineers GmbH

·    Schwerter Profile GmbH

·    Vemcon GmbH

Dieses Forschungsprojekt wurde im Auftrag der Forschungsgemeinschaft Intralogistik/Fördertechnik und Logistiksysteme e.V. (FG IFL) durchgeführt und aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V. (AiF) gefördert.

Ansprechpartner

Minggong Yu, M.Sc.